Im Marketing stehen oft schnelle Verkäufe im Vordergrund. Doch echtes Markenwachstum erfordert mehr, im B2B genauso wie im B2C. Laut der McKinsey-Studie zum „State of Marketing 2024“ ist die Markenbildung auf Rang 2 der Top 10 Trends, die das Marketing bewegen. Denn der Aufbau einer Marke ist ein langfristiges Ziel, das auf tiefen Verbindungen mit den Konsumenten aufbaut. Genau hier kommen Emotionen ins Spiel: Sie sind der Schlüssel, um eine Marke erfolgreich in den Köpfen und Herzen der Zielgruppe zu positionieren.
Aber was sind Emotionen und wie können Marken diese effektiv nutzen? Dazu möchte ich euch in diesem Beitrag die Kraft der Emotionen im Branding näher bringen. Denn beim Aufbau einer starken Marke geht es um viel mehr als die rasche Steigerung von Verkaufszahlen.
Was sind Emotionen?
Unter Emotionen verstehen wir komplexe Reaktionen auf Ereignisse oder Situationen, die sowohl körperliche als auch psychische Veränderungen umfassen. Der Psychologe Paul Ekman definiert sechs Grundemotionen: Freude, Trauer, Angst, Wut, Überraschung und Ekel. Diese Grundemotionen sind universell und lassen sich kulturübergreifend beobachten (vgl. Ekman et al., 2011). Sie sind schwer zu beschreiben - aber gut zu fühlen. Vorausgesetzt, man gibt ihnen den dafür nötigen Raum:
Wenn Emotionen ihre Wirkung entfalten, dann spielen sie eine entscheidende Rolle für die Art und Weise, wie Menschen Entscheidungen treffen. Sie beeinflussen unsere Wahrnehmung und unser Verhalten auf subtile, aber mächtige Weise. Damit sind sie auch im Branding von großer Bedeutung. Denn zu unseren täglichen Entscheidungen zählen auch Kaufentscheidungen. Ihnen liegen nicht nur rationale Argumente zugrunde, sondern sehr oft auch Emotionen.
Emotionen und Markenbildung
Welche Bedeutung die vermittelten Emotionen im Markenaufbau haben, zeigt die Forschung von Les Binet und Peter Field. Die beiden Marketingexperten und Studienautoren konnten eindrucksvoll belegen, dass emotionale Kampagnen langfristig erfolgreicher sind als rein rationale Ansätze: Bei Kampagnen, die über drei Jahre konstant verfolgt wurden, führten emotionale Inhalte im Schnitt zu einer Umsatzsteigerung von 43 Prozent. Rein rationale Kampagnen erzielten dagegen nur 23 Prozent Umsatzwachstum. Während rationale Werbung also kurzfristig den Absatz steigert, bauen emotionale Kampagnen tiefere Verbindungen auf und fördern die langfristige Markentreue.
Ein herausragendes Beispiel dafür sind die emotionalen Superbowl-Werbespots, die jedes Jahr für Aufsehen sorgen. Marken, die es schaffen, darin Emotionen glaubwürdig zu vermitteln, erzielen größere Erfolge. Laut einer Studie zu diesen Superbowl-Ads folgen die Betrachter am liebsten einer dramatischen Storyline, die mit Emotionen aufgeladen ist (vgl. Quesenberry, K. A., & Coolsen, M. K., 2014). Doch gerade das ist eine eigene Kunst im Marketing.
Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass Emotionen eher als Werkzeug denn als Ziel verstanden werden sollten. Emotionale Werbung kann die Verarbeitung und Erinnerung verbessern, jedoch müssen diese Emotionen nicht tief oder langanhaltend sein. Schon flüchtige physiologische Reaktionen, wie ein erhöhter Herzschlag oder ein Lächeln, reichen aus, um positive Effekte zu erzielen (IPA, 2024).
Letztendlich sollten Marketingbotschaften darauf abzielen, nützliche Assoziationen aufzubauen, die beim nächsten Kaufprozess von Bedeutung sind. Durch das Verständnis der mentalen Wege, die Konsumenten beim Treffen einer Kaufentscheidung beschreiten und die Verknüpfung unserer Marke mit diesen Prozessen, können wir die mentale Verfügbarkeit der Marke erhöhen. Emotionen sind also nicht das Endziel, sondern ein bewährtes Mittel, um die Verarbeitung von Werbung zu beschleunigen (IPA, 2024).
Die Herausforderung der Emotionalität in der visuellen Kommunikation
Die authentische Vermittlung von Emotionen ist nicht einfach. So hat die generative Künstliche Intelligenz etwa schon beeindruckende Fortschritte gemacht. Doch sie kann echte menschliche Emotionen noch nicht vollständig überzeugend nachahmen. Ein künstliches Lächeln und emotionslose Gesichter werden intuitiv als unecht erkannt und verfehlen ihren Zweck.
Giuliana Isabella und Valter Afonso Vieira konnten nachweisen, dass ein echtes Lächeln im Marketing zu einer besseren Bewertung des Produktes führt als ein falsches Lächeln. Echte Emotionen sind ansteckend und lösen beim Betrachter eine emotionale Reaktion aus (vgl. Isabella, G. and Vieira, V.A., 2020). Wir alle kennen diesen Effekt: Wenn unser Gegenüber herzhaft lacht, müssen wir einfach mitlachen.
Eine effektive visuelle Kommunikation, die Emotionen weckt, muss also authentisch und glaubwürdig sein. So müssen Fotografien und Videos etwa echte Emotionen einfangen. Das erzeugt den sogenannten “Augenzeugeneffekt”: Er basiert auf der Idee, dass Menschen visuelle Geschichten eher glauben und sich daran erinnern, wenn sie wie selbst erlebte Ereignisse wirken.
Wie werden Emotionen in der visuellen Kommunikation ausgelöst?
In der visuellen Kommunikation gibt es verschiedene Stilmittel, die Emotionen wecken. So löst beispielsweise die Auswahl der Farben und der Musik unterschiedliche Gefühle aus. Ein Thriller ohne dunklen Farbton und dramatische musikalische Untermalung ist zum Beispiel weit weniger spannend. Auch die gewählte Bildsprache weckt Emotionen, indem eine gewisse Ästhetik gewählt oder ein kultureller Kontext vorgegeben wird.
Das wichtigste Element in der visuellen Kommunikation ist aber immer die Geschichte: Denn nichts bewegt Menschen so sehr wie emotionales Storytelling.
Die Macht des Storytellings
Geschichten haben die Kraft, uns emotional zu berühren und unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. Das macht Storytelling zu einer der effektivsten Methoden, um Emotionen zu vermitteln bzw. beim Betrachter zu wecken. Denn ein gut erzähltes visuelles Narrativ erreicht die Menschen und ruft starke emotionale Reaktionen hervor. Wenn diese Emotionen mit einer Marke verbunden werden, kann zu ihr eine tiefere Verbindung entstehen.
Ein Best-Practice-Beispiel für emotionales Storytelling
Ein herausragendes Beispiel für die Wirkung von emotionalem Storytelling ist die "Like a Girl"-Kampagne von Always. Sie hat aufgezeigt, dass wir im Laufe des Lebens verinnerlichen, etwas “wie ein Mädchen” zu machen, sei schlecht und schwach. Dabei wurden Erwachsene und Mädchen gebeten, “like a girl” zu laufen, zu kämpfen oder einen Ball zu werfen.
Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Die jungen Mädchen stellten klar: Etwas “like a girl” zu machen bedeutet für sie, es besonders gut zu machen. Dass sich diese Bedeutung bis ins Erwachsenenleben umkehrt, ist die emotionale Kernaussage der Kampagne, die übrigens auch beim Superbowl ausgestrahlt wurde.
Mit der Kampagne zeigt Always, wie authentische Geschichten eine kraftvolle Botschaft vermitteln. Und wie sie damit echte Emotionen beim Betrachter wecken. So konnte sich die Marke durch emotionales Storytelling positiv in den Köpfen der Zuschauer positionieren.
So gelingt gutes Storytelling
Eine solche Kampagne und emotionale Geschichten entstehen aber nicht von selbst. Die Herausforderung im emotionalen Markenaufbau besteht also darin, sich die Story gut zu überlegen, bevor das eigentliche Storytelling beginnt. Denn ein herzhaftes Lachen macht noch keine Geschichte. Unter anderem sind folgende Fragen wichtig:
- Welche Zielgruppe will die Kampagne erreichen?
- Welche Emotionen soll die Kampagne erzeugen?
Unser VisualStorytelling Canvas hilft euch bei der Beantwortung dieser und vieler weiterer Fragen. Denn wir haben dieses Tool gezielt entwickelt, um alle wichtigen Fragen und Antworten für eine emotionale Geschichte zu definieren. Das VisualStorytelling Canvas könnt ihr jetzt kostenlos herunterladen und dafür nutzen, den Aufbau eures emotionalen Storytellings strategisch in Angriff zu nehmen.
Fazit: Starke Marken erzeugen Emotionen
In einer Welt, in der Konsumenten zunehmend nach Authentizität und echten Verbindungen suchen, sind Emotionen ein mächtiges Werkzeug. Ihre Wirkung geht weit über kurzfristige Verkaufszahlen hinaus und zahlt auf ein langfristiges Branding und echte Markentreue ein. Dafür braucht es echte Emotionen, die durch eine konsistente visuelle Kommunikation und authentisches Storytelling vermittelt werden.
So erzeugen Unternehmen eine tiefere Verbindung zu ihren Konsumenten, stärken nachhaltig ihre Marke und erlangen einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil. Es ist also an der Zeit, die Kraft der Emotionen im Branding voll auszuschöpfen und auf mehr zu setzen, als bloß die schnelle Steigerung der Absatzzahlen.
Emotionen wecken, visuell konsistent bleiben und dabei modern wirken: Für Marken ist Branding eine große Chance – und eine riesige Herausforderung. SightEffect unterstützt euch beim Aufbau einer visuell starken Identität und hilft euch bei der authentischen Vermittlung der passenden Emotionen. Vereinbart einfach einen Termin mit uns und wir unterhalten uns in einem unverbindlichen Gespräch über eure spezifischen Anforderungen.
Quellen
Ekman et al (2011) - Gefühle lesen wie Sie Emotionen erkennen und richtig interpretieren
Les Binet und Peter Field (2018) - The Greatest Hits of Binet and Field
Quesenberry, K. A., & Coolsen, M. K. (2014) - What Makes a Super Bowl Ad Super?
IPA (2024) - Three common mistakes in awards entries
Isabella, G. and Vieira, V.A. (2020) - The effect of facial expression on emotional contagion and product evaluation in print advertising
Das könnte Ihnen auch gefallen
Diese verwandten Geschichten