Visual Style Guide: Mehr als ein Nice-to-have

Per Kasch
5 min Lesezeit
05.11.24 10:00

Eine konsistente Markenidentität entsteht nicht durch Zufall oder ganz automatisch: Es braucht Vorgaben, die klar definiert und einhaltbar sind. Deshalb ist der Visual Style Guide eine wichtige Grundlage für das visuelle Erscheinungsbild einer Marke. Darin werden die Elemente der visuellen Kommunikation definiert, die eine Markenidentität ausmachen. So wird die Marke konsistent nach außen kommuniziert und sie erhält einen größeren Wiedererkennungswert. Allerdings muss der Visual Style Guide dafür auch richtig genutzt werden: eine Herausforderung für viele Unternehmen. 
Worauf es bei einem Visual Style Guide wirklich ankommt, welche Probleme dabei häufig auftauchen und welche Best Practices für euer Unternehmen wichtig sind, besprechen wir in diesem Beitrag. Dabei schauen wir uns auch Beispiele bekannter Marken an, die alles richtig machen.

Konsistenz als konstante Herausforderung

Die Konsistenz in der visuellen Kommunikation ist besonders wichtig, um eine Marke bekannt zu machen. Sie schafft einen hohen Wiedererkennungswert und steigert das Vertrauen und die Bindung eurer Zielgruppe. Doch genau diese Konsistenz ist ohne klar definierte Guidelines schwer zu erreichen.

Oft finden sich in Marketing-Guidelines nur rudimentäre Darstellungen der visuellen Elemente. Gerade aufwändigere Produktionsformen wie Bildwelten oder Bewegtbilder werden meist nur ansatzweise dargestellt (Schlieper & Zimmermann, 2017). Wenig Informationen und drei bis vier Bilder reichen nicht aus, um eine konsistente Bildsprache zu erzeugen. Daraus eine einheitliche visuelle Kommunikation abzuleiten, ist einfach nicht machbar.
Auch Moodboards können eher Verwirrung als Klarheit stiften. Werden Vorgaben für Look und Feel einer Marke beispielsweise auf einem Moodboard vermischt, dann ist es für Marketer schwer, die genaue Bildwelt zu erkennen und einzuhalten.

Die große Herausforderung besteht darin, konsistente visuelle Elemente über verschiedene Kanäle und Berührungspunkte zu verbreiten. Dabei kann ein ausführlicher Visual Style Guide eine wertvolle Unterstützung sein. Das beweisen auch die folgenden Beispiele zum Look, Feel sowie Look-and-Feel einer Marke. Denn dabei gibt es Unterschiede, die ihr nicht unterschätzen solltet.  

Look vs. Feel: Wichtige Elemente im Visual Style Guide

Oft wird vom „Look-and-Feel“ einer Marke oder einer visuellen Darstellung gesprochen. Dabei handelt es sich eigentlich um zwei verschiedene Ebenen der visuellen Kommunikation: den Look und den Feel. Wie sich diese Elemente unterscheiden und wie sie zusammenwirken, zeigen die folgenden Definitionen und Beispiele bekannter Marken. Dabei sollten beide Aspekte in eurem Visual Style Guide detailliert festgelegt werden (Berzler, 2019; van den Bosch et al., 2004).

Look – das Erscheinungsbild

Der Look umfasst alle Elemente der visuellen Kommunikation, die den Kern einer Marke bilden. Sie machen die Markenidentität aus und sorgen für einen hohen Wiedererkennungswert bei der Zielgruppe. Das ist aus folgenden Gründen wichtig für die Markenbekanntheit:

  • Unbewusste Wiedererkennung
    Elemente wie Farbkombinationen (Coca-Cola-Rot), Lichtelemente (Lufthansa-Gegenlicht) und Verläufe (O2-blauer Himmel) sorgen für eine sofortige Wiedererkennung. So wird eure Markenidentität im Gedächtnis der Menschen abgespeichert.

  • Abgrenzung von der Konkurrenz
    Diese formalen Gestaltungselemente als „Look“ sind entscheidend, um eure Marke von anderen Marken abzugrenzen (Karjalainen, 2002).

Den erkennbaren, einzigartigen Look einer Marke zeigt dieses Beispiel von Apple:

Inkonsistent-Konsistenz-Bilder-SightEffect

 

Feel – die Emotionen

Mit einer starken Marke verbinden Menschen auch Emotionen. Diese Gefühle können durch emotionales Storytelling und eine gut gewählte Bildsprache geweckt werden. Das ist mit dem „Feel“-Aspekt eurer Markenidentität gemeint, der aus folgenden Gründen wichtig ist:

  • Emotionale Verbindung
    Die szenische Entwicklung und Storytelling spielen eine zentrale Rolle, um emotionale Reaktionen hervorzurufen. Diese werden im Gedächtnis verankert, wodurch eure Marke mental verfügbar bleibt.

  • Markenversprechen
    Die emotionale Aufladung von Markenversprechen kann zu einer stärkeren Verbindung zur Marke führen. Damit wird also die Markenbindung eurer Zielgruppe gefestigt.

Wie das „Feel“ in der visuellen Markenkommunikation funktioniert, zeigt folgendes Beispiel von Nike:

Inkonsistent-Konsistenz-Bilder-SightEffect

 

Die Kombination aus Look & Feel

Was wir als Look-and-Feel kennen, besteht also eigentlich aus zwei Elementen: den rein visuellen Darstellungen und den inhaltlichen, emotionalen Botschaften. Die konsistente Kombination aus beiden Elementen macht den Look-and-Feel einer Marke aus. Sie schafft den größten Wiedererkennungswert und gleichzeitig die stärkste Markenbindung. Und sie muss im Visual Style Guide festgehalten werden, um eine konsistente Umsetzung zu schaffen.


Das zeigt etwa folgendes Beispiel von Coca Cola, das sowohl eine emotionale Bildsprache als auch bekannte Elemente der Marke enthält:

Beispiel Look and Feel von Coca-Cola, SightEffect

 

Probleme mit dem Visual Style Guide

Der Visual Style Guide unterstützt dabei, eine konsistente, emotionale und wiedererkennbare Markenidentität zu kommunizieren. Er ist eben die Grundlage für die visuelle Kommunikation. Und doch macht er vielen Unternehmen auch Probleme, besonders wenn hohe Erwartungen auf eine geringe Umsetzbarkeit treffen: Es hapert bei der Erstellung der Guidelines oder spätestens bei der Umsetzung der Maßnahmen. Denn beides funktioniert nicht von alleine. Die folgenden Herausforderungen treten besonders oft auf und dürfen nicht unterschätzt werden.

  • Der Visual Style Guide als finaler Schritt
    Die Erarbeitung eines Visual Style Guides ist oft der letzte Schritt im Branding Prozess. Dabei verlangt er beeindruckende Darstellungen, wird aber an einem Punkt erstellt, an dem die meisten Entscheidungen schon getroffen sind.

  • Budgetbeschränkungen
    Unternehmen haben oft nicht die notwendigen Budgets, um die aufwändigen Vorgaben des Guides zu realisieren.

  • Überforderung von Marketern
    Viele Marketer und Kommunikationsabteilungen fühlen sich von den hohen Anforderungen im Visual Style Guide überfordert.

  • Visual Style Guide ist nicht umsetzbar
    Wer sich überfordert fühlt, scheitert auch an der Umsetzung. In einer SightEffect Studie mit 100 Befragten war der häufigste Grund, den Visual Style Guide abzulehnen, dass die Vorgaben der Agentur zu anspruchsvoll und nicht umsetzbar waren.

  • Akzeptanz der Mitarbeiter
    Oft kennen viele Mitarbeiter den Visual Style Guide gar nicht. Und selbst wenn sie ihn kennen, lehnen sie ihn ab. Neben der stark eingeschränkten Umsetzbarkeit ist der zweithäufigste Grund dafür laut SightEffect Studie, dass den Mitarbeitern der Style Guide einfach nicht gefällt.

  • Unzureichende Einführung
    Die Vorstellung eines Visual Style Guides erfolgt oft nur in Form eines PDFs, das per E-Mail an die Mitarbeiter geht. Kein Wunder also, dass er von vielen Verantwortlichen lediglich als “Nice-to-have” angesehen wird, statt als essenzielles Werkzeug.

  • Style Guide Fatigue
    Eine Studie im Brand Consistency Report von MARQ spricht gar von einer “Style Guide Fatigue”, an der die Umsetzung von Vorgaben häufig scheitert. Denn während eine konsistente visuelle Kommunikation wichtig ist, sorgt sie natürlich auch für weniger Abwechslung im Design-Alltag.

Die meisten dieser Herausforderungen hängen mit fehlendem Know-how zusammen, wie auch unsere SightEffect Studie unterstreicht. Ihr zufolge hat  weniger als die Hälfte der Marketer eine visuelle Ausbildung absolviert oder eine entsprechende Weiterbildung erhalten. So ist es kein Wunder, dass der Wert eines Visual Style Guides nicht erkannt wird oder die Umsetzung der darin festgehaltenen Vorgaben scheitert. 

Mein Tipp: Ermöglicht euren Mitarbeitern ein zielgerichtetes Upskilling, um den Aufbau eurer visuellen Markenidentität optimal zu unterstützen.

4 Tipps für den Umgang mit eurem Visual Style Guide

Die genannten Herausforderungen zeigen eindrücklich, wie es nicht geht: Den Visual Style Guide in letzter Sekunde erstellen, unrealistische Anforderungen festlegen und dann eure Style-Vorgaben auch noch halbherzig kommunizieren. 
Wenn ihr es besser machen wollt, helfen euch die folgenden 4 Tipps für den Umgang mit eurem Visual Style Guide:

  • Tipp #1
    Macht realistische Vorgaben: Achtet darauf, dass die in eurem Visual Style Guide festgehaltenen Vorgaben auch in der Realität praktikabel umsetzbar sind und nicht nur unter “Laborbedingungen” gut aussehen. Dazu gehört auch eine Ausrichtung eurer Bildsprache an verfügbare Budgets und Ressourcen.

  • Tipp #2
    Kümmert euch um eine umfassende Einführung: Die Durchführung von Trainings und Workshops, um die Richtlinien zu verinnerlichen, hilft euch bei der Umsetzung im Unternehmen. So könnt ihr sicherstellen, dass alle Abteilungen den Visual Style Guide verstehen und anwenden können.

  • Tipp #3
    Achtet auf eine klare Trennung von Look und Feel: Euer Visual Style Guide sollte die formalen (Look) und inhaltlichen (Feel) Elemente klar trennen. Durch die Verwendung von Frameworks sorgt ihr zusätzlich für Klarheit.

  • Tipp #4
    Überprüft regelmäßig den Output: Gerade in der Anfangszeit ist es wichtig, dass ihr regelmäßig überprüft, ob die Vorgaben eures Visual Style Guides korrekt umgesetzt werden.

Fazit: Ein Visual Style Guide ist für starke Marken unverzichtbar

Der Visual Style Guide ist mehr als nur ein “Nice-to-have”. Er ist ein essentielles Werkzeug für die konsistente visuelle Kommunikation eurer Marke. Durch realistische Vorgaben, eine intensive Einführung, die klare Trennung von Look & Feel und die regelmäßige Kontrolle der Ergebnisse könnt ihr das Beste aus eurem Visual Style Guide herausholen.

Ihr seid euch noch nicht sicher, ob ihr überhaupt einen Visual Style Guide braucht? Dann ist ein Visual Assessment Call der nächste logische Schritt: Dabei sehe ich mir eure Website an und gebe euch Feedback zu eurer visuellen Kommunikation. So wird deutlich, wo es an Konsistenz fehlt und eure Markenidentität beeinträchtigt ist. Vereinbart jetzt einen Termin mit mir für euren persönlichen Visual Assessment Call. 

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Quellen



Schlieper, K., & Zimmermann, S. (2017). "Visual Marketing: Strategic Use of Images in Marketing Communication."

Karjalainen, T.-M. (2002). "Semantic Transformation in Design: Communicating Strategic Brand Identity through Product Design References."

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